Berliner Großsiedlungen am Scheideweg? - Aktualisierung der Studie
Im April 2021 hat das Kompetenzzentrum Großsiedlungen e.V. die Studie „Berliner Großsiedlungen am Scheideweg?“ erarbeitet, unterstützt von den landeseigenen Berliner Wohnungsunternehmen, und veröffentlicht.Einschneidendstes analytisches Ergebnis: Die soziale Segregation in Berlins Großsiedlungen ist weit vorangeschritten.
Die damalige Datenbasis beruhte auf dem Jahr 2019. Aktuelle Daten aus dem Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2023 und den Ergebnissen des Mikrozensus 2023 bestätigen diesen Trend.
Wie war die soziodemographische Lage wiederum zwei Jahre später, Ende 2023?
Diese Frage beantwortet die vorliegende Aktualisierung. Dabei konnte die Auswertung des Monitorings Soziale Stadtentwicklung 2023 verbunden werden mit den Ergebnissen des
Mikrozensus 2023 des Statistischen Amtes Berlin-Brandenburg.
Die aktuellen Daten zeigen, dass sich die soziale Segregation in den großen Wohnsiedlungen Berlins, hauptsächlich der 1960er bis 1980er Jahre fortgesetzt hat. Die Schere in der sozialen Lage zwischen den Großsiedlungen und den anderen Stadtvierteln hat sich weiter geöffnet.
Die Ergebnisse machen nachdenklich. Warum?
Die Veränderungen in den Bewohnerstrukturen sind inzwischen in einigen, nicht in allen, Siedlungen so gravierend, dass sie zur Überforderung der Nachbarschaften führen können.
Die großen Quartiere schultern soziale Leistungen für die Stadt als Ganzes, die infolge der Anspannung auf dem Wohnungsmarkt zugenommen haben. Sie entlasten damit andere Quartiere in noch stärkerem Maße als noch vor einigen Jahren. Wir empfehlen daher
u.a., in der Belegungspolitik die Belastbarkeit der vorhandenen Nachbarschaften zu berücksichtigen und zu einer ausgewogeneren Balance zwischen der Wohnraumversorgung breiter Schichten und besonders bedürftiger Haushalte zurückzufinden.
Die Zahlen verdeutlichen: Berlins Großsiedlungen erbringen erhebliche Integrationsleistungen für die Stadt als Ganzes. Sie leisten einen überproportionalen Beitrag zur Wohnraumversorgung besonders bedürftiger Haushalte. Die Großsiedlungen erbringen mehr
Leistungen für die Gesamtstadt als sie zurückbekommen.
Die Dynamik der Zuwanderung der letzten Jahre hat diese Rolle noch verstärkt. Erforderlich ist ein dauerhafter Lastenausgleich auf allen Ebenen der Förderung. Das kann nur gelingen, wenn in der Öffentlichkeit die besonderen Leistungen der Großsiedlungen bei
der Wohnraumversorgung und Integration stärker als bisher wahrgenommen und unterstützt werden.
Die Integrationsfähigkeit der großen Wohnquartiere des 20.Jahrhunderts ist ein Thema von bundesweitem Interesse. Es ist davon auszugehen, dass diese für Berlin untersuchte Entwicklung auch in anderen deutschen Großstädten zu registrieren sein wird. Insofern
handelt es sich um eine bundesweite Herausforderung.
Die aktuelle Diskussion in der Öffentlichkeit macht die Dringlichkeit des Handelns noch deutlicher.
Mit der hier vorliegenden aktualisierten Zusammenfassung der Berliner Daten zu diesem Thema möchten wir Ihre Aufmerksamkeit auf die hohe Dynamik dieser Entwicklung richten.